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Der Schreiadler gehört in Deutschland zu den am stärksten bedrohten Vogelarten. Sein Bestand ist seit Mitte der 1990'er Jahre stark rückläufig. Sein Bestand wird auf etwa 120 bis 130 Brutpaare, davon 100 in Mecklenburg-Vorpommern und 25 Brutpaare in Brandenburg, geschätzt. Die Dunkelziffer bisher unentdeckter Brutvorkommen liegt bei 10 bis 20%.

Die größte Gefahr für den Schreiadler ist der Verlust von geeigneten Lebensräumen. Dazu gehören der Verlust an Nahrungsflächen (vorrangig Grünland) oder die Verschlechterung der Qualität der Nahrungsflächen durch Intensivierung des Nutzungsregimes. Weiterhin gehen durch die Ausweitung der forstwirtschaftlichen Nutzung in mehr oder weniger ungestörten Waldbeständen qualitativ geeignete Brutwälder verloren. Straßen- und Wegebau, Entwässerung von Nahrungshabitaten oder Lebensräumen sowie Störungen durch Jagdausübung sind wesentliche Ursache für die negative Bestandsentwicklung.

Eine mehr oder weniger systematische Erfassung der Brutplätze in Mecklenburg-Vorpommern (M-V) erfolgte in den 1970'er Jahren durch die heute noch aktiven Schreialderaktivisten J. Matthes und M. Neubauer im Wesentlichen für den damaligen Bereich des Bezirkes Rostock. Die Erfassung des Schreiadlerbestandes in M-V erfolgt heute durch engagierte ehrenamtliche Personen, die z.T. einen Großteil ihrer Freizeit für die Erfassung und Betreuung der Brutplätze „opfern“.

Beim Schutz von Adlern und anderen Großvögeln wurde traditionell dem Horstschutz eine große Bedeutung beigemessen. In den Bezirken der ehemaligen DDR wurde der Horstschutz durch eine Dienstanweisung der Staatlichen Forstwirtschaftsbetriebe 1965 beschlossen. Der Horstschutz für das Hauptverbreitungsgebiet des Schreiadlers in M-V und Brandenburg wurde dann durch die jeweils dort erlassenen Landesnaturschutzgesetze in den 1990'er bzw. 2000'er Jahren gesetzlich geregelt. Im Wesentlichen geht es um den Erhalt des Waldcharakters im Umkreis bis 300 m um den Brutplatz durch Einschränkung der forstwirtschaftlichen Nutzung sowie Reduzierung von Störungen durch Einschränkung der jagdlichen Nutzung bis 300 m um den Brutplatz.

Leider führen Vergehen gegen die sogenannte Horstschutzzonenregelung immer wieder zur Aufgabe der Brut oder sogar des Brutplatzes. Oftmals ist die Ursache solcher Vergehen die Unkenntnis der Verursacher (Waldeigentümer, Waldbewirtschafter, Wasser- und Bodenverbände, Jäger…) über das Vorhandensein eines Brutplatzes. Dies ist vorrangig auf die mangelhafte Weitergabe der Brutplatzinformationen an die potentiellen Verursacher zurückzuführen.

Zudem gibt es weitere gesetzliche Regelungen oder Richtlinien wie BNatSchG §44, FFH und Vogelschutzrichtlinie … welche die Brutstätte oder den Lebensraum des Schreiadlers schützen.

Die in diesen Gesetzen oder Richtlinien dargelegten Regelungen bieten in ihrer praktischen Anwendung allerdings einen solch großen Spielraum für die Interpretation, dass vielfach ein wirksamer Schutz der Brutstätte oder des Lebensraumes für den Schreiadler illusorisch erscheint.

Der bis dato praktizierte Schreiadlerschutz in M-V, der sich im Wesentlichen auf die gesetzlich fixierte Horstschutzzonenregelung des Naturschutzausführungsgesetzes (§ 23 NatSchAG M-V) sowie Regelungen des § 44 BNatSchG sowie FFH und Vogelschutzrichtlinie stützt, ist völlig unzureichend, um den negativen Trend, der vorrangig auf die gravierenden Veränderungen in der Landnutzung / Nutzungsintensität zurückzuführen ist, aufzuhalten.

Entweder bedarf es hier eines komplett anders strukturierten Fördersystems der Landwirtschaft, indem derjenige belohnt, der durch die Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Produktionsflächen neben der Produktion von Nahrungsmitteln auch eine gesunde und artenreiche Umwelt erhält. Hierzu zählen der Erhalt oder die Verbesserung der Qualität des Grundwassers, des Bodens und natürlich der Artenvielfalt.

Da dies politisch jedoch nicht absehbar ist, bleibt hier nur die Möglichkeit der Aufstellung eines Artenhilfsprogramms um den Bestand des Schreiadlers mittelfristig zu sichern.

Das Land M-V steht hier in der Verantwortung, dem höchst bedrohten Greifvogel, der in seinem Namen „Aquila pomarina“ auch den Bezug zu seinem Verbreitungsgebiet (Pommern, Vorpommern) enthält, nach mehr als 50 Jahren, in dem man mit dem Schreiadlerschutz begann, endlich entsprechende zielorientierte Rahmenbedingungen zum Schutz des Adlers zu schaffen.

Die Lebensraumansprüche des Schreiadlers sind ein Sinnbild für die Natur- und Kulturlandschaft in M-V, mit der das Land um die naturliebenden Touristen wirbt. Es ist an der Zeit, diese Landschaft auch zu sichern und nicht nur zu vermarkten.

Voraussetzung für einen wirksamen Schutz, insbesondere auch vor dem Hintergrund der z.T. gravierenden Veränderung in der Landschaft, auch durch die Windkraftplanung, ist die Kenntnis über die genaue Zahl und Lage der Brutplätze.

Die bisher praktizierte Erfassung durch ehrenamtliche Betreuer kann dem Anspruch einer vollständigen Bestandsdokumentation nicht gerecht werden, so dass die Gefahr besteht, dass aus Unkenntnis zu vorhandenen Brutplätzen Eingriffe in Lebensräume des Adlers stattfinden und diese somit dauerhaft verloren gehen können. Aktuell (Mrz. bis Sep. 2018) erfolgt durch mich und Kollegen im Auftrag des LUNG MV eine umfangreiche Erfassung/Überprüfung des Schreiadler-Brutbestandes im Bereich des Projektgebietes Chance.Natur in der Vorpommerschen Waldlandschaft.

Das Land M-V wie auch Brandenburg sind entsprechend FFH-Richtlinie gesetzlich verpflichtet, Maßnahmen einzuleiten, die den Erhaltungszustand prioritärer Arten von gemeinschaftlichen Interesse sowie deren Lebensräume (dazu zählt auch der Schreiadler) zu sichern oder zu verbessern.

Geschieht dies nicht oder nicht in hinreichender Form, können entsprechende Strafverfahren durch die EU eingeleitet werden.

Aus meiner Sicht als aktiver Betreuer sind diese Gründe aktuell "leider" hinreichend erfüllt.

Verschiedene laufende oder ins Leben gerufene Projekte leisten in Teilen einen Beitrag zur Sicherung der Lebensräume und Brutplätze des Schreiadlers in M-V und in Brandenburg. Dazu gehören Projekte in der Nordvorpommerschen Waldlandschaft, in der Ückermünder Heide, im Biosphärenreservat Schorfheide-Corin und weitere.  Alle Projekte befassen sich mit Teilgebieten von Lebensräumen des Schreiadlers. Eine langfristige, dauerhafte Strategie für den Schutz des Schreiadlers in seinem Verbreitungsgebiet in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg fehlt allerdings. Dies muss zeitnah in Angriff genommen werden, ansonsten brechen mehr und mehr noch zusammenhängende Lebensräume auseinander, was zur Auflösung der in Deutschland verbliebenen Population führen kann.

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